Auf der Internation Cannabis Business Conference (ICBC) in Berlin, die Mitte April in Berlin stattfand, standen neben medizinischen Cannabis vor allem CBD-Produkte im Mittelpunkt. Während bei medizinischen Cannabis deutlich wurde, dass der Marktzugang durch tatsächliche Hindernisse wie fehlendes Bewusstsein bei Patienten und Ärzten für alternative Therapien und das Nadelöhr bei der Abgabe, die Apotheken, noch stark eingeschränkt ist, war bei vielen anwesenden Unternehmen die rechtliche Unsicherheit in Bezug auf die Zulässigkeit ihrer CBD-Produkte auf dem deutschen Markt groß. Insbesondere bei der Verwendung zu Konsumzwecken konnten auch Referenten keine klaren Leitlinien aufzeigen. Anlass genug also, sich die rechtliche Situation einmal genauer anzuschauen.
Bisher sind zu diesem Problemkomplex zwei führende obergerichtliche Berufungsentscheidungen ergangen, und zwar vom OLG Zweibrücken vom 25. 5. 2010 sowie vom OLG Hamm vom 21.6.2016. In beiden Fällen ging es um einen Head-Shop Betreiber, der nicht verarbeitetes Industriehanf an Endkunden verkauft hat, dass aus einem zertifizierten und behördlich genehmigten Anbau stammte und weniger als 0,2 % THC enthielt. Die Betreiber wurden wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß §§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG von der Staatsanwaltschaft angeklagt, von den zuständigen Strafgerichten aber sodann freigesprochen. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaften wurden die Freisprüche dann aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Das OLG Zweibrücken, dem sich das spätere Urteil aus Hamm angeschlossen hat, führte zur Begründung für die Strafbarkeit des Handeltreibens mit Nutzhanf im Wesentlichen folgendes aus: Bei dem Vertrieb der Räucherhanfmischung hat es sich um erlaubnispflichtigen Handel mit Betäubungsmitteln gehandelt. Die Betäubungsmitteleigenschaft eines Stoffes wird gemäß § 1 Abs. 1 BtMG allein durch seine Aufnahme in die Positivliste der Anlagen 1-3 begründet, ohne dass es zusätzlich einer konkreten Berauschungsqualität oder Konsumfähigkeit bedarf. Ein Ausnahmetatbestand gemäß Anlage 1 zum BtMG Stichwort Cannabis sei ebenfalls nicht gegeben, insbesondere nicht nach lit. b). Danach sind vom BtMG Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzenteile ausgenommen, wenn sie aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifizierten Saatgut stammen oder ihr Gehalt an THC 0,2 % nicht übersteigt und, der entscheidende Punkt, der Verkehr mit ihnen ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen. Diese Zwecke müssen nicht nur beim Verkäufer, sondern vor allem bei dem Endbenutzer vorliegen. Diese Regelung soll das Marktpotenzial des Rohstoffes Hanf zur industriellen und möglicherweise energetischen Verwendung erschließen, nicht aber die Bevölkerung mit THC-schwachen Zubereitungen zu persönlichen Konsumzwecken versorgen und auch nicht das grundsätzliche Cannabisverbot des BtMG aufweichen. Das Gericht bezieht sich insbesondere auf die Kommentierung von Körner in seinem Kommentar zum Betäubungsmittelgesetz, sowie auf die Gesetzesmaterialien bei Einführung der Positivliste. Da gewerbliche Zwecke beim Verkauf an den Endkunden niemals vorliegen können, komme es auf die weitere Frage, ob diese einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen, nicht mehr an.
Die weitere Entscheidung des OLG Hamm, mit der ein Freispruch des Landgerichts Paderborn aufgehoben wurde, hat sich diese Rechtsansicht ebenfalls zu Eigen gemacht. Gewerbliche Zwecke im Sinne der vorgenannten Regelung sollen insbesondere dann gegeben sein, wenn der Hanf weiterverarbeitet werden soll, bis ein unbedenkliches Produkt, wie zum Beispiel Papier, Seile, Kosmetika, Dämmstoffe oder Textilien entstanden ist. Der bloße Konsum sei demgegenüber kein gewerblicher Zweck im oben genannten Sinne. Erst wenn durch eine Verarbeitung ein unbedenkliches Cannabisprodukte entstanden sei, welches zu Rauschzwecken nicht (mehr) gebraucht werden kann, ist die Veräußerung an einen Endbenutzer zulässig.
Im Ergebnis bedeutet diese Gesetzesauslegung, dass der Gesetzgeber THC-arme Cannabissorten als Rohstoffe für die Industrie zur Verfügung stellen wollte, nicht aber Nutzhanf nutzbar machen wollte für Lebensmittel oder Genussmittel (Körner, Kommentar zum BtMG, 8. Aufl. 2016, Rn. 16).
Damit dürften insbesondere CBD-Blüten in Deutschland als nicht verkehrsfähig gelten.
Dasselbe müsste dann aber ebenso für CBD-Öle oder sonstige CBD-Nahrungsergänzungsmittel gelten, da es sich um Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen handelt, und somit nach Anlage 1 zum BtMG Betäubungsmittel sind.
Das Landwirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, das Bundesministerium der Gesundheit als auch das BfArM legen lit. b) der Anlage 1 zum BtMG allerdings so aus (nachzulesen auf der Webseite der Firma Hanf-Zeit), dass lediglich bearbeitete oder unbearbeitete Pflanzen und Pflanzenteile des Nutzhanf, die nach der Ernte für die industrielle Verarbeitung abgegeben werden, nicht jedoch die verarbeiteten Pflanzenbestandteile in Endprodukten, reglementiert werden. Eine Ausweitung der Norm auf daraus hergestellte Erzeugnisse wird nicht für erforderlich gehalten. Das Bundesministerium der Gesundheit sieht auch keinen weiteren gesetzgeberischen Handlungsbedarf, da die Auffassungen von Bund und Ländern in einem strafgerichtlichen Verfahren von Relevanz sein dürften.
Verarbeitete Öle oder die sonstigen CBD-Nahrungsergänzungsmittel sowie CBD-Kosmetika können somit als verkehrsfähig gelten, sie unterliegen allein den lebensmittelrechtlichen Vorschriften. Eine Grauzone verbleibt dennoch, da Strafverfahren auch im Hinblick auf diese Produkte nicht ausgeschlossen sind, denn Judikative und Exekutive nehmen hier noch eine unterschiedliche rechtliche Einordnung vor.
Hier sei abschließend noch auf die Richtwertempfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung für THC in hanfhaltigen Lebensmitteln hingewiesen.
Ob sich die Rechtsprechung bzw. die Auslegung des Gesetzes in Bezug auf CBD-Blüten in absehbarer Zeit ändern wird, was rechtlich durchaus vertretbar wäre, ist zweifelhaft. Eine abschließende Entscheidung könnte allenfalls der Bundesgerichtshof herbeiführen, was voraussetzt, dass er über ein Strafverfahren mit einer entsprechend nicht geringen Menge zu entscheiden hätte. Es ist aber keinem Unternehmer anzuraten, dieses strafrechtliche Risiko zur Klärung dieser Rechtsfrage einzugehen. Einzig und allein der Gesetzgeber kann hier Klarheit schaffen.
Kai-Friedrich Niermann, Rechtsanwalt