Das neue Vergabeverfahren der Cannabisagentur, Juli 2018

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Nun ist es also endlich soweit, die Cannabis Agentur hat die Einzelheiten zum neuen Vergabeverfahren veröffentlicht, nachdem das erste Vergabeverfahren für den Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland vom OLG Düsseldorf gestoppt wurde.

Auftraggeber des Vergabeverfahrens zu Anbau, Weiterverarbeitung, Lagerung, Verpackung und Lieferung von Cannabis für medizinische Zwecke ist nach wie vor die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bzw. die Cannabisagentur. Es handelt sich um die Vergabe eines öffentlichen Auftrages im Wege eines offenen Verfahrens gemäß den §§ 97ff. GWB und § 15 VgV.

Interessenten müssen bei Antragstellung ihre wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der letzten 3 Jahre nachweisen. Außerdem müssen Angaben über den Umsatz im Bereich Anbau, Verarbeitung und Lieferung von Cannabis für medizinische Zwecke (THC-Gehalt ≥ 1%) für die letzten 3 Jahre Geschäftsjahre gemacht werden, soweit vorhanden. Umsätze im Bereich Anbau und Lieferung sowie Verarbeitung von Arzneipflanzen, die nach Verarbeitung als Arzneimittel oder Wirkstoff in einem Arzneimittel in den Verkehr gebracht wurden, können diesmal auch als Referenz gelten. Mindestbedingung zur Bejahung der Eignung ist sodann mindestens eine Cannabis-Referenz zum Anbau von medizinischem Cannabis oder eine Anbau- und Verarbeitungs-Referenz zu Arzneipflanzen. Die erbrachten Leistungen müssen jeweils dem GACP- Standard als auch dem GMP-Standard, d.h. gemäß dem „Eudralex: Volume 4 Medicinal Products for Human and Veterany Use und dem Annex 7: Manufacture of Herbal Medicinal Products“ ausgeführt worden sein, wobei eine Genehmigung zur Herstellung von Arzneimitteln der zuständigen Behörde vorgelegen haben muss.

Ebenso müssen Angaben dazu gemacht werden, wie im Falle der Zuschlagserteilung die Finanzierung des Auftrags gesichert wird und dass für den Standort der Produktion das genannte Grundstück zur Verfügung steht.

Im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle sowie die technische und berufliche Leistungsfähigkeit können von einem Bieter die Kapazitäten anderer Unternehmen im Rahmen der sogenannten Eignungsleihe in Anspruch genommen werden. Bietergemeinschaften werden somit auch zugelassen, wobei die gesetzten Mindestbedingungen aber jeweils von mindestens von einem Mitglied der Bietergemeinschaften erfüllt werden muss.

Die Leistungen werden Losweise vergeben. Die Liefermenge je Los beträgt 200 kg pro Jahr. Folgende Lose werden gebildet:

Los 1 bis Los 8: Cannabisblüten Typ 1

Los 9 bis Los 11: Cannabisblüten Typ 2

Los 12 und Los 13: Cannabisblüten Typ 3

Die zu liefernden Cannabisblüten müssen – je nach Typ bzw. Los – den nachfolgenden Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) enthalten:

Typ 1 mit der Definition: THC zwischen 18 und 22%, CBD < 1%

Typ 2 mit der Definition: THC zwischen 12 und 16%, CBD < 1%

Typ 3 mit der Definition: THC zwischen 5 und 9%, CBD zwischen 5 und 9%.

Die Bieter können Angebote für alle Lose einreichen, wobei ein Bieter maximal 5 Lose erhalten kann.

Die Lieferung soll insgesamt folgende Zeiträume und Mengen umfassen:

Liefertermin Gesamtmenge Aufteilung auf die definierten Typen

  1. Lieferjahr 2600 kg (Typ 1 600 kg, Typ 2 600 kg, Typ 3  400 kg)
  2. Lieferjahr 2600 kg (Typ 1 600 kg, Typ 2 600 kg, Typ 3  400 kg)
  3. Lieferjahr 2600 kg (Typ 1 600 kg, Typ 2 600 kg, Typ 3  400 kg)
  4. Lieferjahr 2600 kg (Typ 1 600 kg, Typ 2 600 kg, Typ 3  400 kg)

Die Zuschlagskriterien werden in einem Punktesystem ermittelt. Der Bieter mit dem niedrigsten Preisangebot für medizinisches Cannabis in der vorgegebenen Qualität (Angabe in Euro pro Gramm) erhält 40 Punkte. Weitere maximal 5 Punkte kann man jeweils durch die Qualität

– des Konzeptes der technischen Ausstattung der Anlage,

– der baulichen Ausstattung,

– des Konzeptes zum GACP und GMP- Standard,

– des Konzeptes zu Anbau, Verarbeitung und Übergabe (zum Beispiel im Hinblick auf die Vermeidung von Missernten),

– des Konzepts zu den Produktionszyklen,

– des Konzepts zur Auswahl und Schulung des Personals,

– des Sicherheitskonzepts erzielen.

Bei Bewerbung ist ein Konzept zur Terminplanung in der Startphase bis zur ersten Ernte mit den jeweiligen Zwischenschritten vorzulegen. Das Konzept des Standortes und der Produktion ist in allen Phasen ausführlich zu beschreiben, um der Cannabisagentur die Bewertung der Zuschlagskriterien zu ermöglichen. Dabei sind auch die Herkunft und Charakteristika des eingesetzten Saat- bzw. Pflanzenguts umfassend zu beschreiben. Auch die wesentlichen technischen Einrichtungen müssen konkret benannt werden.

Im Zeitpunkt der Abnahmefähigkeit müssen die Cannabisblüten für den Einsatz zu medizinischen Zwecken geeignet sein. Sie müssen den gesetzlichen Anforderungen und den Anforderungen der geltenden Monographie Cannabisblüten des Deutschen Arzneibuches und des europäischen Arzneibuches entsprechen. Es müssen bestimmte Grenzwerte hinsichtlich der Schwermetallbelastung eingehalten werden. Selbstverständlich muss der Anbau auch nach den derzeit geltenden europäischen GACP und GMP-Standards (siehe oben) erfolgt sein.

Fazit: die neue Ausschreibung erhöht die zu produzierenden Mengen leicht, was natürlich eine Verbesserung darstellt. Auch reicht eine Anbau-und Verarbeitungsreferenz für Heilpflanzen, um die Mindestbedingungen zu erfüllen. Allerdings sind die ausgeschriebenen Mengen immer noch so gering, dass fraglich bleibt, ob die Produktion von medizinischem Cannabis in Deutschland für die interessierten Unternehmen tatsächlich wirtschaftlich interessant sein kann. Angesichts der bereits jetzt beantragten Importmengen von 21 t im Jahr 2018 und einem weiter steigenden Bedarf ist nicht verständlich, warum die deutsche Bundesregierung die Produktion von medizinischem Cannabis im eigenen Land durch die Ausschreibung derartig geringer Mengen selber blockiert, anstatt einer neuen und aufstrebenden Industrie im Land eine Chance zu geben.