2019 war für die CBD-Industrie schon ein schweres Jahr, 2020 scheint nicht minder herausfordernd zu werden. Bis zum Dezember 2019 wurden mehrere behördliche Vertriebsverbote von CBD-Ölen, sowohl mit Isolaten als auch mit Extrakten, insbesondere aus superkritischer CO2 Extraktion, von erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten in Deutschland bestätigt (z.B. VG Gießen). Auch im neuen Jahr gab es weitere Polizeiaktionen und behördliche Untersagungen, auch bei Unternehmen, die sich bisher sicher gefühlt haben, da sie ausschließlich im Onlinehandel tätig waren.
Und nun kommt auch noch die Corona Pandemie hinzu.
Sämtliche Branchenveranstaltungen, wie die ICBC in Berlin oder die CNBS in Köln, wurden abgesagt oder verschoben. Ob die Mary Jane in Berlin im Juni und die Ausweichtermine stattfinden können, ist noch mehr als fraglich.
Cannamedical
Die Firma Cannamedical aus Köln hat darüber hinaus begonnen, CBD-Hersteller und Distributoren über den Rechtsanwalt Peter Homberg von der Anwaltskanzlei Dentons aus Berlin anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass Extrakte aus Cannabis sativa L und daraus gewonnene Produkte, die Cannabinoide enthalten, als Novel Food gelten und ohne eine entsprechende Zulassung nicht verkehrsfähig seien. Die Unternehmen, die diese Produkte vertreiben, würden sich einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Rechtsanwalt Homberg forderte die Unternehmen unter Fristsetzung auf, den Vertrieb zulassungspflichtiger CBD-Produkte umgehend einzustellen. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die Firmen den zuständigen Behörden gemeldet worden sind.
Um eine rechtswirksam verbindliche Abmahnung hatte es sich gleichwohl nicht gehalten. Zum einen war keine strafbewehrte Unterlassungserklärung beigefügt, zum anderen auch keine anwaltliche Kostennote. Die Abmahnung steht offensichtlich in Zusammenhang mit dem von Cannamedical entwickelten CBD-Rezeptur-Kit, dass die Firma zuletzt als Rezepturarzneimittel in Apotheken vertrieben hat.
Ob und in welcher Intensität Cannamedical hier weiter vorgeht, bleibt abzuwarten. Freunde in der Branche hat sich die Firma damit jedenfalls nicht gemacht. Und Dentons, einer der Hauptsponsoren der ICBC 2020 in Berlin, natürlich ebenfalls nicht.
EIHA vs. BVL
Zeitgleich sorgte die EIHA mit einer Pressemitteilung Anfang März für Aufsehen: “Cannabidiol nicht zwingend als Novel Food zulassungspflichtig“. Vorausgegangen war ein Schriftwechsel mit dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, nachdem dieses im März 2019 auf seiner Webseite statuiert, dass keine Fallgestaltung bekannt sei, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre. Die EIHA forderte vom BVL eine Klarstellung bzw. eine differenzierte Betrachtungsweise, da Stellungnahmen der europäischen Kommission aus dem Jahr 1998 vorliegen, in denen bestätigt wurde, dass es sich bei Lebensmitteln, die Teile der Hanfpflanze enthalten, nicht um neuartige Lebensmittel handelt.
Die Bundesregierung hatte sodann auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion im Juli 2019 erklärt, dass die Stellungnahmen der europäischen Kommission aus dem Jahr 1998 weiterhin ihre Gültigkeit haben, daraus aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden kann, dass sämtliche Erzeugnisse der Hanfpflanze, also beispielsweise auch isolierte Einzelsubstanzen wie Cannabinoide oder mit Cannabinoiden angereicherte Extrakte, als Lebensmittel verkehrsfähig wären.
Ähnlich hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Anfrage der EIHA beantwortet. Auch dem BMEL lägen nämlich keine Belege dafür vor, dass mit Cannabidiol (CBD) angereicherte Hanfextrakte in nennenswertem Umfang in der EU vor dem 15. Mai 1997 konsumiert wurden.
Im Umkehrschluss ergebe sich daraus, dass Cannabinoide der Hanfpflanze nur noch dann als neuartige Lebensmittelzutat angesehen werden kann, wenn sie isoliert oder angereichert verwendet werden. Lebensmittelprodukte aus Hanf, die mithilfe traditioneller Hanfblüten/-Blätter Extraktion gewonnen wurden und dass in der Hanfpflanze enthalten natürliche Vollspektrum von Cannabinoiden aufweisen, sind daher verkehrsfähig.
Eine solche Prüfung kann nur in jedem Einzelfall vorgenommen werden und die Pauschale Einordnung des BVL auf seiner Webseite ist damit fehlerhaft.
Diese Einschätzung der EIHA ist meiner Meinung nach folgerichtig und wird auch in den noch zu verhandelnden Berufungen gegen die bereits ergangenen erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsentscheidungen sowie in neuen Verfahren zu beachten sein.
Auch im Fall von Cannamedical, dass aufgrund wettbewerbsrechtlicher Grundlage vorgeht, sollte jedes Unternehmen prüfen, ob tatsächlich eine Einstufung als Novel Food zwingend ist.
EIHA Novel Food Konsortium
Zwar gingen einige Schlagzeilen dann doch zu weit, besondere internationale Stimmen zu der Pressemitteilung, die bereits titelten, dass die Bundesregierung CBD nun freigegeben hat. Aber die von der EIHA aufgezeigte Differenzierung sollte bei Behörden, Verwaltungsgerichten und Wettbewerbern doch ausreichend Beachtung finden.
Nichtsdestotrotz schreitet die EIHA weiter mit der Gründung eines Konsortiums voran, wie auf der Generalversammlung im November 2019 beschlossen. Das Konsortium wird für die Mitglieder Gemeinschaftsanträge stellen, die insbesondere auch Isolate und angereicherte Hanfextrakte zur Zulassung als Novel Food umfassen. Nur so kann das volle Marktpotenzial der Hanfpflanze und ihrer Derivate für den Konsumenten ausgeschöpft werden. Die EIHA wird dazu spätestens bis zum zweiten Halbjahr 2020 ihr vollständiges Konzept vorstellen, inklusive des Zeitplanes, der durchzuführenden Studien und der Kosten für die Mitglieder. Eine Mitgliedschaft in diesem Konsortium als auch der EIHA ist noch jederzeit möglich, neue Mitglieder sind jederzeit willkommen.